Idee der eigenen Erkenntnis
Idee der eigenen Erkenntnis

Sie liegt auf dem Niveau der Saisons wie vor der Pandemie um diese Jahreszeit

Frank Siebert
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Dieser schöne Halbsatz stammt aus dem "ARE Wochenbericht - Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen - KW 46 (15.11. bis 21.11.2021)" 1 der Arbeitsgemeinschaft Influenza und des RKI:

Zitat:

Sie liegt auf dem Niveau der Saisons wie vor der Pandemie um diese Jahreszeit, aber deutlich über den Werten der Saison 2020/21.

Zitat Ende

Der Satz steht auf Seite 2 unter dem Thema "Akute Atemwegserkrankungen (ARE) - Daten aus dem bevölkerungsbasierten Überwachungsinstrument GrippeWeb".

Das "Sie" steht denn auch für "Akute Atemwegserkrankungen". Die seit Anfang 2020 berühmteste akute Atemwegserkrankung ist COVID-19, erinnern Sie sich noch daran?

Der Satz sagt uns also klipp und klar, die akuten Atemwegserkrankung erreichen wieder den Stand, wie er in früheren Saisons vor der Pandemie auch stets war. In der ersten Saison der sogenannten COVID-19-Pandemie gab es aber deutlich weniger davon.

Die Pandemie einer akuten Atemwegserkrankung ging mit weniger akuten Atemwegserkrankungen einher, aber jetzt kehren wir wieder zu den Werten zurück, wie sie vor der Pandemie waren.

Ich will mich ja eigentlich nicht wiederholen, aber was stand da noch?

In der Akute-Atemwegserkrankungs-Pandemie gab es weniger akute Atemwegserkrankungen, aber die Lage normalisiert sich gerade wieder.

Ich kommentiere das jetzt gar nicht, das steht so in dem Dokument der Arbeitsgemeinschaft Influenza. Da steht wortwörtlich:

Zitat:

Die für die Bevölkerung in Deutschland geschätzte Rate von Personen mit einer neu aufgetretenen akuten Atemwegserkrankung (ARE, mit Fieber oder ohne Fieber) ist in der 46. KW (15.11. – 21.11.2021) im Vergleich zur Vorwoche insgesamt gesunken (5,3 %; Vorwoche: 6,1 %). Sie liegt auf dem Niveau der Saisons wie vor der Pandemie um diese Jahreszeit, aber deutlich über den Werten der Saison 2020/21 (Abb. 1).

Zitat Ende

Der Schriftartikel zitiert auch die Abbildung.

No Caption

Das sollten unsere sogenannten Qualitätsmedien in Dauerschleife in den Nachrichten bringen. Und dann sollte ein Kommentator der Tagesthemen oder auch gerne der Tagesschau dies mit dem folgenden Satz kommentieren:

"Nachdem sich ja nun die Situation bei den akuten Atemwegserkrankungen normalisiert hat, sollten wir auch langsam unsere Politiker wieder normalisieren, damit die nicht weiter Unfug verbreiten."

Gut, ein kleines Problem gibt es natürlich mit dieser Aussage von GrippeWeb. Es steht deutlich da, es ist eine Schätzung. Keine statistische Hochrechnung, sondern eine Schätzung.

Auf grippeweb.rki.de 2 steht. worauf die Schätzung beruht, allerdings noch nicht für KW46 sondern für KW45.

Zitat:

Die für die Bevölkerung in Deutschland geschätzten Raten für die 45. KW 2021 beruhen auf den Angaben von 6.757 GrippeWeb-Teilnehmern und -Teilnehmerinnen, von diesen meldeten 411 eine ARE, 70 eine ILI (Datenstand: 16.11.2021).

Zitat Ende

Eine ILI ist eine ARE alias "akute Atemwegserkrankung" mit Fieber.

Eine kurze Kontrollrechnung 411 / 6.757 ergibt einen Wert von gerundet 6,1%, wie auch in Woche 45 angegeben. Eine repräsentative Auswahl der GrippeWeb-Teilnehmer vorausgesetzt, handelt es sich durchaus um eine statistisch solide Aussage. Ich jedenfalls gehe davon aus, denn das Grippe-Web wurde nicht extra neu für diese sogenannte Pandemie aufgesetzt, sondern liefert jetzt bereits über lange Jahre solide Daten beruhend auf dem immer gleichen Setup.

Das kleine Problem ist also wohl eher keins, es bleibt bei der Aussage:

Die Pandemie einer akuten Atemwegserkrankung ging mit weniger akuten Atemwegserkrankungen einher, aber jetzt kehren wir wieder zu den Werten zurück, wie sie vor der Pandemie waren.

Laut AGI-Sentinel mit Proben aus angeschlossenen Arztpraxen kann sich SARS-CoV-2 auch in dieser Saison noch immer nicht gegen die anderen respiratorischen Viren durchsetzen.

Die Angaben in der folgenden Tabelle sind der jeweilige prozentuale Anteil an den Proben mit Nachweis von Atemwegsviren.

Virus

Gesamt ab 40.KW 2021

46. KW

RSV

30

24

Rhinoviren

22

15

hCoV

11

17

PIV (1 - 4)

6

5

SARS-CoV-2

4

6

Der Trend zeigt allerdings, dass SARS-CoV-2 das PIV in der Gesamtwertung in dieser Saison von Platz 4 verdrängen könnte. Wie wir aus der letzten Saison wissen, könnte dies damit zusammen hängen, dass die Rhinoviren dieses Jahr weniger stark vertreten sind 3 .

Schauen wir in die SARI Krankenhaussurveillance des Dokumentes, so lernen wir:

Zitat:

Der Anteil an COVID-19-Erkrankungen bei SARI-Fällen ist seit der 41. KW 2021 wieder kontinuierlich angestiegen. In der 46. KW 2021 wurden bei insgesamt 48 % (Vorwoche 39 %) aller neu im Krankenhaus aufgenommenen SARI-Fälle (Hauptdiagnose Influenza, Pneumonie oder sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege) eine COVID-19-Diagnose vergeben (Abb.7). Davon waren insbesondere die Altersgruppen 15 bis 34 Jahre und 35 bis 59 Jahre betroffen, hier wurde bei 79 % bzw. 74 % der SARI-Fälle eine COVID-19-Erkrankung diagnostiziert.

Zitat Ende

Wenn ich diesen Satz auseinander nehme, dann fällt mir vor allem auf, dass COVID-19 in der Auflistung der Hauptdiagnosen gar nicht auftaucht, Influenza aber schon. Und dies, obwohl in der Aufstellung der Proben aus Arztpraxen Influenza nur auf einen Anteil von 0,5% in KW 46 kommt.

Gut, es handelt sich um ein Dokument der Arbeitsgemeinschaft Influenza, da ist es vielleicht verständlich, dass Influenza in der Auflistung der Hauptdiagnosen betont wird, auch wenn es eine untergeordnete Rolle spielt.

Trotzdem, ich frage mich angesichts der 6% SARS-CoV-2, wie daraus in Krankenhäusern 48% COVID-19 in der Nebendiagnose werden können, und bei den intensivpflichtigen SARI-Patienten sogar 80%. Und dies, obwohl die vorherrschende Delta-Variante zwar ansteckender aber weniger gefährlich ist als seine Vorgänger. Wie dem auch sei, in der Hauptdiagnose wird COVID-19 nicht erwähnt. Ich will dies gar hier gar nicht weiter bewerten, sondern nur darauf hinweisen.

Die Anzahl der SARI-Fälle insgesamt nimmt allerdings auch in dieser Saison einen eher gewöhnlichen Verlauf, während, nach Beginn der Inokulationen, in der letzten Saison ein ungewöhnlicher zweiter Höcker bei den Altersklassen über 35 Jahren auftrat.

Wie auch immer, ich schaffe es einfach nicht in diesem Bericht die sogenannte SARS-CoV-2-Pandemie zu entdecken.

Bleibt noch zu erwähnen, dass es die Möglichkeit gibt Daten des RKI direkt abzufragen. Damit ich diese Seite selbst auch wieder finde, setze ich einen Link auf die SURVSTAT@RKI 2.0 4 genannte Webanwendung für diese Abfragen.


Erkenntnisse haben immer vorläufigen Charakter und sind immer individueller Natur . Sie selbst entscheiden, ob Sie Erkenntnisse anderer als Meinung übernehmen oder ob Sie sich Erkenntnisse selbst erarbeiten. Meine Quellenangaben sollen Ihnen bei letzterem eine Hilfestellung geben, Sie sollten aber immer auch weitere Quellen verwenden.

Glauben Sie nicht, auch nicht mir, sondern prüfen Sie und schlussfolgern Sie selbst.

Fußnoten


  1. ARE Wochenbericht - Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen - KW 46 (15.11. bis 21.11.2021 ; Buda S, Dürrwald R, Biere B, Reiche J, Buchholz U, Tolksdorf K, Schilling J, Goerlitz L, Streib V, Preuß U, Prahm K, Haas W und die AGI-Studiengruppe; RKI; 2021-11-24
  2. GrippeWeb ; RKI
  3. SARS-CoV-2 verliert gegen die altbekannten Rhinoviren ; Frank Siebert; idee.frank-siebert.de; 2021-04-12
  4. SURVSTAT@RKI 2.0 - Query ; RKI

Kategorie:Deutschland Kategorie:COVID-19 Kategorie:Influenza Kategorie:Robert-Koch-Institut