Straferlass für Benjamin Netanjahu als Ausweg aus den Kriegen Israels?
Im neuesten Artikel von Jochen Mischka verweist dieser auf verschiedene Nachrichten, die nahelegen, es würde nach Möglichkeiten des Straferlasses für die Korruptionsverfahren gegen Benjamin Netanjahu gesucht, welche diesem drohen, sobald Waffenruhe gegenüber Iran, Libanon und Gaza einkehrt 1 . Macht solch ein Handel Sinn?
Ein Meinungsbeitrag zur Rolle der Angst in politischen Prozessen.
Benjamin Netanjahu braucht den Krieg, um an der Macht zu bleiben, und er muss an der Macht bleiben, um einer sehr wahrscheinlichen Verurteilung wegen mehrerer Korruptionsvorwürfe zu entgehen.
Unglaublich? Sie müssen mir nicht glauben. Schauen Sie sich meine Quelle an, folgen Sie den dort angegebenen Quellen, und starten Sie eine eigene Recherche zu dieser Fragestellung.
Und ungewöhnlich ist diese Situation eher nicht. Der ukrainische Präsident führt die politischen Geschäfte in der Ukraine weiter, obwohl seine Amtszeit abgelaufen ist. Es gibt in unseren Systemmedien dazu den Hinweis, die Verfassung der Ukraine sehe während eines Krieges keine Wahlen vor. Diese Aussage ist korrekt, laut ukrainischer Verfassung verlängert sich die Amtszeit der Parlamentsabgeordneten im Kriegsfall bis zum Kriegsende, Wahlen zum Parlament werden explizit ausgesetzt.
Das Gleiche legt die Verfassung allerdings nicht für die Amtszeit des Präsidenten fest, sondern dessen Amtszeit endet laut dem Wortlaut der Verfassung nach Ablauf der 5-jährigen Amtsperiode, und seine Amtsgeschäfte werden laut Verfassung bis zur Vereidigung eines neuen Präsidenten vom Parlamentspräsidenten weiter geführt. Nachzulesen in der Verfassung der Ukraine, Glauben ist auch in dieser Hinsicht nicht notwendig. Dass ein einfaches Gesetz, wie das Gesetz zum Kriegsrecht, diese Regelung der Verfassung ändern kann, ist eine interessante Rechtsauffassung 2 , der ich mich als juristischer Laie nicht anschließen kann.
Das wesentliche Merkmal einer Verfassung ist nun einmal, die fundamentalen Regeln des Staates fest zu legen, auf dass die Rechtsprechung, Gesetzgebung und Administration des Staates auf diesem Fundament aufbaue, nicht auf dass sie diese ignoriere.
Vor allem warb Selenskij in seinem Wahlkampf damit, den Krieg in der Ukraine beenden zu wollen. Und die Deutsche Welle berichtete vor der Wahl Selenskijs, die Präsidentschaftswahl fände trotz Kriegsrecht statt 3 .
Selenskij wurde also während des Krieges zum Präsidenten gewählt! Ukrinform meldete damals, dass Poroschenko extra das Kriegsrecht nicht weiter verlängern lies, um die Wahl zu ermöglichen 4 . Möglicherweise war dies mehr der innenpolitischen Realität geschuldet als dem guten Willen. Kriegsrecht erfreut sich nicht großer Beliebtheit bei den Bürgern. Und der Frage, ob die damals noch recht junge Fassung des Kriegsrechts über den Regelungen der Verfassung steht, konnte so auch ausgewichen werden. Immerhin gab es damals noch eine Opposition in der Ukraine, die kritische Fragen stellen konnte.
Jetzt stellt sich diese Frage nicht mehr in der Ukraine, denn Kriegsrecht ist nicht ohne Grund unbeliebt, es verhindert Opposition, nicht plötzlich sondern schleichend, um Unruhe zu vermeiden. Aber nach dem Ende des Krieges ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Frage im Rückblick wieder nachdrücklich gestellt wird, mit ungewissem Ausgang.
Wenn der Krieg in der Ukraine endet, was würde dies wohl für den jetzigen, oder meiner Meinung nach "früheren", Präsidenten der Ukraine bedeuten? Würde eine Aufarbeitung des politischen Geschehens zur Zeit dieses Krieges, und insbesondere nach Ablauf der Amtsperiode, möglicherweise zu rechtlichen Konsequenzen führen? Müsste er in ein anderes Land fliehen, um einer Verurteilung zu entgehen? Schließlich werden Grund und Boden, Bodenschätze und Menschenleben, mithin die Zukunft der Ukraine, von Selenskyj für die Fortsetzung dieses Krieges geopfert. Eine gerichtliche Feststellung, dass er dies nicht mehr als Amtsträger sondern als Privatperson tat, könnte durchaus einschneidende Folgen für ihn haben.
Wie viele andere Personen waren daran beteiligt, dass die Geschäftsführung nach Ablauf der Amtsperiode trotz der Regelung in der Verfassung, mit Verweis auf ein einfaches Gesetz, bei Selenskyj verbleiben konnte? Gibt es in der Ukraine noch unabhängige Kräfte, die wirksam einen Straferlass aussprechen könnten, um diese Motivation, den Krieg weiterzuführen, aus der Welt zu räumen?
Und droht nicht in der Europäischen Union eine Aufarbeitung der Corona-Menschenrechtsverletzungen, wenn die Kriegsangst, die Pandemieangst und die Klimaangst in der Bevölkerung nachlassen? Letztere ist ja sowieso nicht besonders stark ausgeprägt. Und für welche der europäischen Politiker, die offen vom "Great Reset" und dem "Build Back Better" sprachen, könnte diese Absichtserklärung zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Totalabriss eine sehr ungewisse Zukunft bedeuten, wenn dieses Projekt nicht erfolgreich mit Hunger, Elend und der endgültigen Unterwerfung der Restbevölkerung und deren Ruf nach der angestrebten Weltregierung abgeschlossen wird?
Um was soll es beim "Great Reset" sonst gehen, wenn von globalen Problemen fabuliert wird, die globale Lösungen erfordern? Und wenn wir den Umfang heutigen Machtmissbrauchs betrachten, welchen Umfang wird dieser annehmen, wenn es nur noch ein globales Machtzentrum gibt, das global die Lösungen und das Recht diktiert?
Ich will hier keine schlechten Zukunftsaussichten zementieren, sondern nur darauf hinweisen, dass ich hier ein strukturelles Angstproblem sehe. Die Betroffenen, die zu einem gewissen Maß an politische Macht gelangt sind, haben nicht nur Angst vor dem Verlust dieser Macht. Zu viele haben sich am Projekt des "Great Reset" beteiligt, Teils offenen Auges, Teils blauäugig, und haben daher zusätzlich Grund zur Angst vor den möglichen Folgen ihrer früheren Entscheidungen für ihr zukünftiges persönliches Wohlergehen in Freiheit. Denn wesentliche Teile des "Great Reset" sind sicherlich justiziabel, da grundlegende Menschenrechte berührt sind. In der Folge fehlt diesen Entscheidungsträgern die Möglichkeit zum Kurswechsel, so dass sie die Flucht nach vorne angetreten haben. Und in dieser Richtung ist leider nur Krieg zu sehen. Krieg ist der ultimative "Great Reset" und ein fast sicherer Garant für andere Sorgen im Volk als die gefürchtete Aufarbeitung politischer Sündenfälle, wie sie am offensten durch die Corona-Missnahmen zu Tage traten. Fast!
Diese Angst der betroffenen Entscheidungsträger ist berechtigt, denn letztlich liegt die Kraft oder auch Macht, je nachdem welche Übersetzung Sie für das altgriechische "kratos" bevorzugen, stets beim Demos, unabhängig vom politischen System eines Staates. Grund genug, diesen Demos in möglichst viele verfeindete Lager aufzuspalten. Denn ein geeinter Demos könnte in Erkenntnis der eigenen Kraft auch auf langwierige und unsichere Rechtswege verzichten, was sicher die ultimative Horrorvorstellung aller sich mächtig Wähnenden ist. Von dieser Option möchte ich hier aber deutlich abraten, da ihr mit hoher Sicherheit viele Unschuldige zum Opfer fallen und keine konstruktiven Impulse durch sie gesetzt würden.
Insofern macht die Nachricht, dass Donald Trump nach Wegen sucht, für Benjamin Netanjahu einen weitgehenden oder sogar vollständigen Straferlass bei der israelischen Justiz zu erwirken, durchaus Sinn, wenn man nach Möglichkeiten für einen Frieden für Israel und dessen Umgebung sucht. Zusätzlich droht ihm ja in vielen Ländern die Verhaftung wegen des Vorwurfs des Genozids. Es sind seine Machtposition und der fortgesetzte Krieg, die ihn zur Zeit schützen. Die Angst vor Verurteilung könnte Netanjahu daher zu ununterbrochener fortgesetzter Kriegsführung antreiben, bis hin zum Untergang des israelischen Projektes. Das gibt diesem Handel tatsächlich Sinn, allerdings fehlt in diesem Handel die explizite Aufforderung an Netanjahu, sein Amt nieder zu legen und sich in das Privatleben zurück zu ziehen.
Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass die jetzigen Kriege Israels nicht auf die alleinige Initiative Benjamin Netanjahus hin gestartet wurden, sondern wohl eher Teil der Staatsräson sind - dem bereits langjährig geäußerten Ziel der Schaffung eines Groß-Israel. Ein Ziel, dem der Iran im Wege steht, und für das die Eroberung weiterer Gebiete aller israelischer Nachbarländer erforderlich ist.
Daraus ergäbe sich natürlich die Notwendigkeit, eine deutlich größere Gruppe israelischer Politiker in den strafermäßigten Ruhestand zu schicken. Letztlich hat es nur die Bevölkerung Israels in ihrer Hand, die politischen Ziele und Akteure ihres Staates so zu verändern, dass langfristiger Friede in der Region möglich wird. Eine Ablösung Netanjahus erkauft lediglich eine kurze Pause für die Wiederaufrüstung, für einen dauerhaften Frieden braucht es mehr.
Im Kern ist es also tatsächlich keine schlechte Idee, Politikern auf Abwegen, und sogar deren opportunistischen Helfern, einen existenzsichernden Ausweg in ein selbstbestimmtes Privatleben anzubieten, um schlimmere Entwicklungen zu verhindern. Ist es aber überhaupt möglich im Demos, in der Staatsbürgerschaft, hierfür ein breites Verständnis zu erreichen? Lässt sich der Staatsbürgerschaft vermitteln, dass es die Wahl zwischen Vernichtungskrieg gegen geopolitische Gegner, vermeintlicher Gerechtigkeit nach langwierigem Bürgerkrieg um die Macht im Staat, oder politischer Einigkeit bezüglich einer sozialverträglichen Ablösung der menschlichen Abrissbirnen hat, welche den "Great Reset" weiter voran treiben? Natürlich ist hier der Begriff "Abrissbirne" nicht abwertend zu verstehen, sondern rein funktional. Die Würde des Menschen ist mir wichtig und wird auch hier gewahrt.
Lässt sich in der Staatsbürgerschaft der Gedanke etablieren, dass eine kraftvolle Absichtserklärung zur Dämpfung der Angsteigenresonanz zwischen jetzigen politischen Entscheidungsträgern mitsamt deren Nutznießern und der "einfachen" Bevölkerung notwendig ist, um eine Eskalation mit fatalen Folgen für sehr viele Menschen zu verhindern?
Lässt sich ihnen erklären, dass die vermeintlich so Mächtigen Angst vor ihnen haben, und dass dies sowohl Teil des Problems als auch Teil der Lösung ist? Dass wir nicht nur unsere Macht friedlich für den Frieden einsetzen müssen, sondern auch den sich so mächtig Fühlenden die Angst vor dem Machtverlust nehmen müssen, damit sie von Angst befreit wieder ein wertvoller Teil unserer Gemeinschaft werden können, anstatt uns, aus Angst vor uns, mit Angstprojektionen in Richtung Abgrund zu treiben?
Lässt sich für jeden verständlich darlegen, dass die Sucht nach Macht in der Angst gründet? Und dass wir etwas gegen diese Angst unternehmen können, und zwar ohne uns zu unterwerfen? Dass die einzige Alternative zur Angstbefreiung der Machtkampf ist, und wir von diesem in den letzten Jahrtausenden bereits zu viele hatten?
Die Angst kennt nur zwei Lösungsstrategien: Kampf oder Flucht. Letztlich bedeutet dies auch Dominanz oder Unterwerfung. Diese Strategien hat die Evolution über Jahrmillionen in uns angelegt. Doch dann gab uns Gott, das Universum, oder vielleicht auch schlicht die Evolution, das rationale Denken, das uns zum Homo Sapiens Sapiens machte und zu weiteren Lösungen befähigt. Es ist an der Zeit, unseren Fähigkeiten gerecht zu werden und die Angst zu überwinden.
Ich hoffe dies ist möglich, sowohl in Israel, als auch in der Ukraine, als auch in der Europäischen Union, sowie natürlich auf dem gesamten Erdenrund.
Der Weg zur friedlichen Zukunft ist mit den friedlichen Lösungen der Gegenwart gepflastert. Gehen wir ihn gemeinsam! Lassen wir unsere Ängste zurück.
Erkenntnisse haben meistens vorläufigen Charakter und sind immer individueller Natur . Sie selbst entscheiden, ob Sie Erkenntnisse anderer als Meinung übernehmen oder ob Sie sich Erkenntnisse selbst erarbeiten. Meine Quellenangaben sollen Ihnen bei letzterem eine Hilfestellung geben, Sie sollten aber immer auch weitere Quellen verwenden.
Glauben Sie nicht, auch nicht mir, sondern prüfen Sie und schlussfolgern Sie selbst.
Fußnoten
- Der zweite Krieg gegen Iran begann? - Von Jochen Mitschka ; apolut | Jetzt erst recht!; 2025-07-03 ↑
- Warum Selenskyj weiterhin legitimer Präsident der Ukraine ist ; Redaktion ARD-faktenfinder Elisabeth Kagermeier; tagesschau.de; 2024-06-24 ↑
- Was bedeutet das Kriegsrecht für die Ukraine? – DW – 27.11.2018 ; dw.com; 2018-11-27 ↑
- Poroschenko begründet Nichtverlängerung des Kriegsrechts mit Präsidentschaftswahl ; www.ukrinform.de; 2018-12-26 ↑