Idee der eigenen Erkenntnis
Idee der eigenen Erkenntnis

Menschengemachter Klimawandel und Logik

Frank Siebert
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Creative Commons Zero

Ein YouTube Star Trek Kanal hat eine Serie von Kurzfilmen im Stil von Animated Star Trek herausgebracht, in denen Spock Crew-Mitgliedern erläutert, welchen logischen Fehler sie gerade bei ihrer Argumentation gemacht haben. Faszinierend.

Nur in der ersten Folge gelingt es den Crew-Mitgliedern einer völlig korrekten Argumentationskette zu folgen. Und Spock erläutert dann die Grundlagen der logischen Argumentation 1 .

Zitat (Übersetzt):

Wenn man richtig argumentiert, muss man eine korrekte Form eines Arguments verwenden, das zwei oder mehr Prämissen enthält, die die abschließende Aussage logisch implizieren.

Dann muss man zeigen, dass jede Prämisse wahr ist.

Wenn dies geschehen ist, muss die Schlussfolgerung wahr sein.

Zitat Ende

Eine Prämisse würde man auf Deutsch eine Voraussetzung nennen. Machen wir ein Beispiel.

Tatsächlich lässt sich zeigen, dass jede der Voraussetzungen korrekt ist. Laut Spock muss also auch die Schlussfolgerung korrekt sein, oder?

Einzeln für sich stimmt jede der 4 Voraussetzungen, aber stimmt auch das Argument, dass das CO₂ in der Atmosphäre wegen dem Menschen angestiegen ist? Natürlich ist es naheliegend, dass dies wegen dem Menschen geschah, weil dieser ja CO₂ bei der Energiegewinnung freisetzt. Aber naheliegend ist kein Nachweis.

Tatsächlich werden in dem Argument Voraussetzung 1 und Voraussetzung 2 zu der neuen Voraussetzung "Das CO₂ in der Atmosphäre ist wegen der Energiegewinnung des Menschen angestiegen" zusammengesetzt. Die Formulierung impliziert ein unausgesprochenes "nur wegen".

Daher muss ein Nachweis her, dass das CO₂ in der Atmosphäre nur oder zumindest überwiegend wegen der Energiegewinnung des Menschen angestiegen ist. Und es muss außerdem ein Nachweis her, dass die zusätzliche Absorption infraroter Strahlung wegen dieses CO₂ den Temperaturanstieg erklären kann. Und es muss außerdem der Nachweis erbracht werden, dass natürliche Faktoren nicht oder nur unwesentlich am Klimawandel beteiligt sind.

Die Aussage "Darum ist der Mensch für den Klimawandel verantwortlich." ist sehr weitreichend und vor allem exklusiv. Die Aussage verneint natürliche Faktoren gänzlich. Es könnte sich hier um eine "Single Cause Fallacy" handeln, wie sie in Episode 14 von Spock aufgezeigt wird 2 .

Den Nachweis hierfür ist das IPCC genau wegen der Exklusivität der Schuldzuweisung bisher schuldig geblieben. Natürliche Einflüsse werden zwar als vergleichsweise gering eingeschätzt, aber es bleibt eine Einschätzung einer zu diesem Zweck ausgesuchten Teilmenge von Experten und das kann man als Hinweis werten, aber keinesfalls als Nachweis und schon gar nicht als Beweis.

Wird zu einem der beiden kritischen Punkte ein Gegenbeweis aufgestellt, dann bricht die Argumentationskette natürlich zusammen.

Dies ist nun (einmal mehr) mit der Studie "Refined Reservoir Routing (RRR) and Its Application to Atmospheric Carbon Dioxide Balance" 3 , erschienen am 26. August 2024 in dem Journal "Water", geschehen. Der Artikel stellt eine verbesserte Rechenmethode zu dem Ingenieursthema des Reservoir Routing vor, das "Refined Reservoir Routing". Letztlich geht es darum die Dynamik des Füllstandes über die Zuflüsse und Abflüsse mathematisch zu beherrschen, inklusive der Frage der Aufenthaltsdauer eines Neuzuflusses in dem Reservoir.

Der Autor Demetris Koutsoyiannis 4 , Professor Emeritus der Hydrologie an der Nationalen Technischen Universität Athen, hat als Beispiel das Reservoir Atmosphäre gewählt und betrachtet die Zuflüsse und Abflüsse des CO₂ mit seiner in der Studie hergeleiteten Verbesserung des Reservoir Routings. Die Daten selbst entstammen einer anderen Studie, und diese wiederum hat die Daten dem 6. Sachstandsbericht des IPCC entnommen.

Mit der Hilfe der hergeleiteten Formeln, der Daten des IPCC und der CO₂-Messkurven von Mauna Lua in Hawaii und Barrow in Alaska ermittelt der Autor eine mittlere Aufenthaltsdauer des CO₂ von ungefähr 4 Jahren und stellt fest, dass der menschliche Anteil an den Zuflüssen den Anstieg des atmosphärischen CO₂ nicht erklären kann, und diese daher von natürlichen Prozessen dominiert sind.

Der Autor stellt fest: Zitat (Übersetzt):

Die Studie bietet einen umfassenden Rahmen zur Verfeinerung des Reservoir-Routings (RRR), das für verschiedene Probleme in der Hydrologie, Hydraulik und Wasserwirtschaft von Nutzen ist. Darüber hinaus bietet sie einige Einblicke in die Anwendung der Massenbilanz (Kontinuitätsgleichung) mit linearer oder nichtlinearer Dynamik in hydrologischen Prozessen und darüber hinaus, insbesondere in Prozessen des Klimasystems.

Zitat Ende

Ja, es geht in der Arbeit gar nicht um das Klima, es dient nur als ein Beispiel.

Sicherlich werden Argumente laut werden, dass der Autor ja doch kein Klimawissenschaftler ist, was man wohl wahlweise als den Logikfehler Argumentum Ad Vercundiam (Appell an Authorität) 5 oder Ad Hominem (Angriff der Person) 6 einordnen kann.

Ein Blick in seine Arbeit zeigt aber deutlich, dass der Autor offenbar ein Fachmann auf seinem Gebiet ist, und wer will die Behauptung aufstellen, dass es sich bei der Atmosphäre nicht um ein Reservoir handelt? Für diese Behauptung den logischen Nachweis zu erbringen wird schwer werden, zumal die Betrachtung der Atmosphäre als Reservoir gar nicht unüblich ist. Viele Arbeiten der Klimawissenschaft tun dies und der Autor geht auf einige dieser Arbeiten ein, die auch das IPCC in seinem 6. Sachstandsbericht "Climate Change 2021: The Physical Science" 7 zitiert. In diesem Fachbereich sind es die Klimawissenschaftler, welche die Laien sind. Natürlich traue ich jedem Laien zu, sich die notwendigen Kenntnisse und mathematischen Grundlagen zu dem Thema anzueignen. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Arbeitsergebnisse der Ingenieure anschließend auch funktionieren müssen. Das schränkt die kreative Freiheit bei der Erstellung des mathematischen Modells dieser Studie deutlich ein, denn Ingenieure werden mit den Ergebnissen dieser Studie in Zukunft an technischen Lösungen arbeiten.

Daher ist dieses Ergebnis ernst zu nehmen: Der menschliche Anteil an den Zuflüssen kann den Anstieg des atmosphärischen CO₂ nicht erklären.

Das heißt natürlich nicht, dass der Mensch nicht am Klimawandel mitwirkt. Lokaler Klimawandel, wie städtische Hitzeinseln oder geringerer Niederschlag im Lee von Windfarmen sind ganz eindeutig von Menschen verursacht, dagegen lässt sich wohl kaum etwas einwenden.

Aber dies bedeutet eben, dass der Anstieg des CO₂ von natürlichen Prozessen dominiert wird. Der Logikkette des IPCC folgend ist dann der Mensch nicht für den globalen Klimawandel verantwortlich.

Wir müssen also gar nicht mehr zeigen, dass CO₂ das Klima nicht dominiert, auch wenn wir das können. Wir müssen auch nicht die Temperaturmessungen und Ermittlungen des statistischen Durchschnittswertes in Frage stellen, auch wenn wir dies können.

Der Anstieg des CO₂ wird von natürlichen Prozessen dominiert.

Ist die Sache damit erledigt? Nun, in Kapitel 4 der Arbeit werden die Prämissen aufgelistet, die bei der Anwendung der entwickelten Formeln verwendet wurden. Diese berufen sich auf Autorität (Daten des IPCC und eine auf diesen beruhende Veröffentlichung) und beinhalten bereits, dass der Anteil des vom Menschen emittierten CO₂ gering ist im Vergleich zu den natürlichen Emissionen. Diese Informationen werden allgemein akzeptiert, von beiden Seiten der Diskussion, außer der Punkt 3.

Zitat (Übersetzt):

Die Zunahme sowohl der CO2-Emissionen als auch der CO2-Senken ist auf den Temperaturanstieg zurückzuführen, der die Biosphäre ausdehnt und produktiver macht.

Zitat Ende

Mit dieser Prämisse, so könnte man argumentieren, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass der Anstieg des CO₂ von natürlichen Prozessen dominiert wird. Dem würde ich sogar zustimmen. Die einzig wichtige Frage ist jedoch, ob diese Prämisse wahr ist oder falsch.

In der Prämisse ist ein kleiner Formulierungsfehler anzumerken, durch den die Kausalkette zwar nicht falsch wird, aber weniger deutlich. Deutlicher wäre die Formulierung:

Die Zunahme der CO2-Emissionen ist auf den Temperaturanstieg zurückzuführen, wodurch sich die Biosphäre ausdehnt und produktiver wird, was eine Zunahme der CO2-Senken bedeutet.

Wir müssen nun also sicherstellen, dass diese Prämisse korrekt ist, oder wir müssen zeigen, dass sie falsch ist, je nachdem welche Seite der Diskussion wir unterstützten.

Henrys Gesetz, von Ingenieuren bei der Auslegung von verschiedensten Industrieanlagen erfolgreich verwendet, erklärt die Zuname der CO2-Emissionen Aufgrund erhöhter Temperatur 8 9 in ihrer Höhe und ihrem zeitlichen Verlauf. Das klappt übrigens auch mit Methan.

Der Zuwachs des globalen Blattflächenindex ist über Satelliten gemessen worden, die Ausdehnung der Biosphäre und die erhöhte Produktivität sind unbestritten 10 .

Die strittige Prämisse ist mit diesen beiden Punkten durch Belege gestützt. Der erste Teil durch ein unbestrittenes physikalisches Gesetz, und der zweite Teil durch eine unbestrittene Beobachtung, für die wir zusätzlich eine wissenschaftliche Erklärung haben. Pflanzen wachsen schneller und verbrauchen weniger Wasser, wenn mehr CO₂ vorhanden ist.

Damit hat sich die Frage des menschengemachten Klimawandels, abgesehen von dem Einfluss auf Mikroklimata, erkenntnistheoretisch erledigt, es sei denn, Sie finden einen Fehler. Viel Spaß.

Bis dahin: Natürliche Faktoren dominieren das Klima, die Temperaturen regeln die Menge des atmosphärischen CO₂, mehr CO₂ macht die Welt grüner und erhöht unsere Versorgungssicherheit. Ist doch logisch, oder?

Auch wenn ich hinter der Schlussfolgerung stehe, betrachte ich die verwendeten Daten des IPCC als mögliche Schwachstelle. Wie genau sind die Daten, die in die Rechnung eingeflossen sind, und wie genau müssen sie sein, um die Aussagen hieb- und stichfest zu machen? Die Daten sind allerdings die Grundlage der Argumentation für beide Seiten. Finden sich in diesen drastische Fehler oder Unsicherheiten, sind beide Seiten gleichermaßen davon betroffen.


Erkenntnisse haben meistens vorläufigen Charakter und sind immer individueller Natur . Sie selbst entscheiden, ob Sie Erkenntnisse anderer als Meinung übernehmen oder ob Sie sich Erkenntnisse selbst erarbeiten. Meine Quellenangaben sollen Ihnen bei letzterem eine Hilfestellung geben, Sie sollten aber immer auch weitere Quellen verwenden.

Glauben Sie nicht, auch nicht mir, sondern prüfen Sie und schlussfolgern Sie selbst.

Fußnoten


  1. STAR TREK Logical Thinking -0 - Proper Reasoning (Valid Logic) ; CHDanhauser; YouTube; 2021-06-23
  2. STAR TREK Logical Thinking -14 - Single Cause Fallacy (Complex Cause) ; CHDanhauser; YouTube; 2018-07-03
  3. Refined Reservoir Routing (RRR) and Its Application to Atmospheric Carbon Dioxide Balance ; Demetris Koutsoyiannis; Water, volume 16; Multidisciplinary Digital Publishing Institute; DOI: https://doi.org/10.3390/w16172402 ; 2024-08-26
  4. Demetris Koutsoyiannis Home Page ; www.itia.ntua.gr
  5. STAR TREK Logical Thinking -10 - Argumentum Ad Vercundiam (Appeal to Authority) ; CHDanhauser; YouTube; 2018-02-21
  6. STAR TREK Logical Thinking -6 - Ad Hominem (Attack the Man) ; CHDanhauser; YouTube; 2016-01-10
  7. IPCC AR6 - Technical Summary. In Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change ; Authors: Arias, P.A., N. Bellouin, E. Coppola, R.G. Jones, G. Krinner, J. Marotzke, V. Naik, M.D. Palmer, G.-K. Plattner, J. Rogelj, M. Rojas, J. Sillmann, T. Storelvmo, P.W. Thorne, B. Trewin, K. Achuta Rao, B. Adhikary, R.P. Allan, K. Armour, G. Bala, R. Barimalala, S. Berger, J.G. Canadell, C. Cassou, A. Cherchi, W. Collins, W.D. Collins, S.L. Connors, S. Corti, F. Cruz, F.J. Dentener, C. Dereczynski, A. Di Luca, A. Diongue Niang, F.J. Doblas-Reyes, A. Dosio, H. Douville, F. Engelbrecht, V. Eyring, E. Fischer, P. Forster, B. Fox-Kemper, J.S. Fuglestvedt, J.C. Fyfe, N.P. Gillett, L. Goldfarb, I. Gorodetskaya, J.M. Gutierrez, R. Hamdi, E. Hawkins, H.T. Hewitt, P. Hope, A.S. Islam, C. Jones, D.S. Kaufman, R.E. Kopp, Y. Kosaka, J. Kossin, S. Krakovska, J.-Y. Lee, J. Li, T. Mauritsen, T.K. Maycock, M. Meinshausen, S.-K. Min, P.M.S. Monteiro, T. Ngo-Duc, F. Otto, I. Pinto, A. Pirani, K. Raghavan, R. Ranasinghe, A.C. Ruane, L. Ruiz, J.-B. Sallée, B.H. Samset, S. Sathyendranath, S.I. Seneviratne, A.A. Sörensson, S. Szopa, I. Takayabu, A.-M. Tréguier, B. van den Hurk, R. Vautard, K. von Schuckmann, S. Zaehle, X. Zhang, and K. Zickfeld; Editors: Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou; Cambridge University Press; DOI: https://doi.org/10.1017/9781009157896.002 ; www.ipcc.ch; 2022-05-24
  8. Signal Analysis of the Climate: Correlation, Delay and Feedback ; Peter Stallinga; Journal of Data Analysis and Information Processing, volume 6; Scientific Research Publishing; DOI: https://doi.org/10.4236/jdaip.2018.62003 ; 2018-04-19
  9. Henry’s Law controls CO2 concentration, not humans ; Bud Bromley; ClimateCite; 2021-08-18
  10. Greening of the Earth and its drivers ; Zaichun Zhu, Shilong Piao, Ranga B. Myneni, Mengtian Huang, Zhenzhong Zeng, Josep G. Canadell, Philippe Ciais, Stephen Sitch, Pierre Friedlingstein, Almut Arneth, Chunxiang Cao, Lei Cheng, Etsushi Kato, Charles Koven, Yue Li, Xu Lian, Yongwen Liu, Ronggao Liu, Jiafu Mao, Yaozhong Pan, Shushi Peng, Josep Peñuelas, Benjamin Poulter, Thomas A. M. Pugh, Benjamin D. Stocker, Nicolas Viovy, Xuhui Wang, Yingping Wang, Zhiqiang Xiao, Hui Yang, Sönke Zaehle, Ning Zeng; Nature Climate Change, volume 6, pages 791–795; Nature; DOI: https://doi.org/10.1038/nclimate3004 ; Supplemental via Internet Archive ; 2016-04-25