Idee der eigenen Erkenntnis
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Eine Sinnvolle Maßnahme - Das Corona-Taxi

Frank Siebert
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Bei all meiner Fassungslosigkeit wegen und Kritik an der Einschränkung der Freiheit zur Einwilligung (oder Ablehnung) von medizinischen Maßnahmen nach Aufklärung, ist eine tatsächlich sinnvolle Maßnahme meiner Aufmerksamkeit völlig entgangen.

Freundlicherweise wurde ich vor kurzem in der Kneipe am Tresen auf diese Maßnahme aufmerksam gemacht, was die Frage aufwirft, ob die Lockdowns auch den Informationsfluss negativ beeinflussen, denn immerhin hat mich diese Information erst nach über einem Jahr erreicht.

Nein, es ist keine staatliche Maßnahme.

Hier im schönen Heidelberg kam am Universitätsklinikum 1 die Idee auf, den Krankheitsverlauf positiv Getesteter aktiv nach zu verfolgen, indem man sich telefonisch in regelmäßigen Abständen von 2 bis 3 Tagen nach dem Befinden der Getesteten erkundigte.

Je nach Befinden bekamen die Getesteten auch Hausbesuche - spätestens ab diesem Zeitpunkt sollten sie wohl als Patienten bezeichnet werden - und wurden, falls Notwendig, in die Klinik verlegt.

Zitat:

Durch die telefonische und aktive Beobachtung der Covid19-Patienten und eine frühzeitige Initiierung einer stationären Therapie im Falle einer Verschlechterung, konnte in vielen Fällen ein schwerer Verlauf verhindert werden. „Ab dem siebten Tag einer Covid19-Erkrankung kann es zu einer klinischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen. Patienten in häuslicher Quarantäne scheuen sich jedoch häufig davor, sich ins Krankenhaus einweisen zu lassen, wenn es ihnen schlechter geht, so dass der Kontakt mit den Corona-Teams half, eine notwendige stationäre Aufnahme frühzeitig einzuleiten“, berichtet Prof. Dr. Uta Merle. Bei etwa drei Prozent der Patienten stellte sich bereits beim Anruf durch die Callcenter-Teams heraus, dass sie stationär aufgenommen werden mussten.

Zitat Ende und Zitat:

Die Patienten berichten darüber hinaus, dass ihnen der Kontakt zu den Pflegenden und Studierenden während ihrer Isolation psychisch sehr zugute kam“, ergänzt Inga Unger, Pflegedienstleitung der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, [..]

Zitat Ende

Dieser letzte Aspekt verdient besondere Betonung. Die negative Wirkung von gefühlter Isolation auf das Immunsystem ist durch Studien recht gut belegt, und die Besuche wirken sich nach Aussage der Patienten psychisch Positiv aus, was nahelegt, dass diese Besuche für sich alleine bereits das Immunsystem wieder stärken, bzw. seiner Schwächung durch Isolation entgegen wirken.

Es wird in der Mitteilung des Universitätsklinikum nicht explizit erwähnt, aber vermutlich haben auch die telefonischen Anfragen eine solche positive Wirkung.

Kommunikation in der Kneipe verläuft nicht immer fehlerfrei, aber das ist ja in der schriftlichen Kommunikation auch der Fall. Im Gespräch hatte ich verstanden, bereits die initialen Tests seien Zuhause bei den Patienten nach Anfrage erfolgt.

Auf jeden Fall muss ich diese Initiative loben.

Irgendwie erinnert mich das Szenario der Hausbesuche an den klassischen Hausarzt, wie ich ihn aus meiner Kindheit in Erinnerung habe.

Ob Hausärzte auch heute noch Besuche machen?

Eine Suche führt mich auf die Seite des Sozialverband VdK Deutschland.

In dem Artikel "Muss der Arzt nach Hause kommen?" 2 vom 07.11.2018 wird dort berichtet:

Zitat:

Laut Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben Ärzte im vergangenen Jahr 24,6 Millionen Hausbesuche absolviert, sechs Millionen weniger als im Jahr 2009. Einen Grund für diese Entwicklung sehen Gesundheitsexperten in der Sorge vieler Hausärzte vor Rückzahlungen, wenn sie zu viele Hausbesuche machen.

Zitat Ende

Zitat:

Generell gilt: Hausbesuche sind nur durchzuführen, wenn der Patient aus gesundheitlichen Gründen den Arzt nicht aufsuchen kann. Das ist in der Regel der Fall, wenn jemand bettlägerig ist.

Zitat Ende

Die Initiative des Universitätsklinikum füllt also eine Lücke, welche Hausärzte füllen könnten, wenn sie dadurch keinen finanziellen Schaden fürchten müssten.

Dies schmälert in keiner Weise die Verdienste dieser Initiative, es wirft lediglich die Frage auf: Sollten wir nicht die Vergütungsregeln für Hausbesuche durch Hausärzte verbessern? Macht es nicht generell Sinn, dass niemand, der glaubt eine ansteckende Krankheit eingefangen zu haben, in einem Wartezimmer sitzt?

Gab es im Rahmen des aktuellen Infektionsschutzes entsprechende Verbesserungen?

Eine Suche hierzu führt mich auf die Seite arzt-wirtschaft.de, welche am 26. Mai 2019 titelte "Regresse wegen Hausbesuchen: Besserung in Sicht" 3 .

Der Artikel liegt also klar vor dem Start der aktuellen Infektionsschutzmaßnahmen, und neuere Artikel zur Abrechnung von Hausbesuchen sind auf dieser Wirtschaftsfachseite für Ärzte nicht zu finden.

Wenn ich den Inhalt richtig verstehe, betraf die Verbesserung nur Arztpraxen mit bestimmten Besonderheiten.

Die Suche auf der Seite des Bundestages 4 mit den Suchbegriffen "Hausarzt", "Hausbesuche" und "Infektionsschutz" liefert 2 Dokumente für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis 04.08.2021. Ein "Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen 2021" und ein "Gutachten 2021 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen" über "Digitalisierung im Gesundheitswesen - Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems".

Ist der Gedanke abwegig, von einer Initiative des Universitätsklinikum Heidelberg mit großem internationalem Medienecho - ok, ich habe es nicht mitbekommen - auf einen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Vergütung von Hausbesuchen zu schließen?

Vielleicht gibt es diesen Handlungsbedarf ja nicht. Oder vielleicht können Hausärzte eine aktive telefonische Betreuung nicht leisten. Ich weiß es nicht.


Erkenntnisse haben immer vorläufigen Charakter und sind immer individueller Natur . Sie selbst entscheiden, ob Sie Erkenntnisse anderer als Meinung übernehmen oder ob Sie sich Erkenntnisse selbst erarbeiten. Meine Quellenangaben sollen Ihnen bei letzterem eine Hilfestellung geben, Sie sollten aber immer auch weitere Quellen verwenden.

Glauben Sie nicht, auch nicht mir, sondern prüfen Sie und schlussfolgern Sie selbst.

Fußnoten


  1. Mit „Corona-Taxi“ Leben retten ; klinikum.uni-heidelberg.de, via webarchive,org; 2020-06-23;
  2. Hausbesuche: Muss der Arzt nach Hause kommen? ; vdk.de, via archive.org; 2018-11-07
  3. Regresse wegen Hausbesuchen: Besserung in Sicht ; arzt-wirtschaft.de, via archive.org, 2019-05-26
  4. Suche "Hausarzt Hausbesuche Infektionsschutz" ; bundestag.de

Kategorie:Deutschland