Idee der eigenen Erkenntnis
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Betrachtungen zum Interview Bärbel Hönischs über die Klima-Rekonstruktionen lange vergangener Zeiten

Frank Siebert
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Bärbel Hönisch stellt in dem Interview "Bärbel Hönisch on Reconstructing Climate in the Distant Past" 1 am 18. Dezember 2020 bei Geology Bites einige fragwürdige Behauptungen in dem Interview auf. Mit fragwürdig meine ich nicht, dass die Aussagen falsch sind, sondern dass sie nicht zu der Sicht passen, die ich mir auf das Thema erarbeitet habe. Sie ist ganz klar die Expertin und ich bin der Laie. Es wäre daher nachlässig von mir, einfach den Kopf zu schütteln und die Aussagen zu ignorieren.

In dem Interview berichtet sie über ihre Isotopen-Messungen an Benthic Foraminifera 2 , welche am Grund der Ozeane leben und deren Schalen sich auf dem Meeresgrund absetzen und so eine schichtweise Historie der Umweltbedingungen hinterlassen.

Die erste Aussage, die mich irritierte, war, dass Eisbohrkerne aus der Antarktis oder aus Grönland direkte Messungen der atmosphärischen Verhältnisse der Vergangenheit darstellen würden.

Auch wenn sie sich in ihrer eigenen Arbeit mit Messungen an ozeanischen Bohrkernen befasst, welche dann als Proxy-Werte für atmosphärische Bedingungen gelten, sollte ihr klar sein, dass die Werte aus Eisbohrkernen keines Falls als direkte Messungen gelten können, sondern ebenfalls Proxies darstellen. Und zwar mit gut bekannten Problemen, wie einer erheblichen Dauer stattfindender Diffusion, bis sich das Eis gebildet, gesetzt und verdichtet hat, wodurch eine erhebliche Glättung des Werteverlaufes stattfindet, durch die insbesondere Minima und Maxima des Verlaufes eingeebnet werden.

Nur weil in Eisbohrkernen die Zusammensetzung von Luftbläschen gemessen wird, sind diese Messungen noch lange keine direkten Messungen der früheren Luftzusammensetzung.

Das Problem der Diffusion und Glättung in Eisbohrkernen ist wohlbekannt und gut belegt, und sicher ist das auch ihr bekannt. Insofern ist es aus meiner Sicht schwer zu Entschuldigen, dass sie in der Einleitung des Interviews auf die Messungen an Eisbohrkernen als Beispiel direkter Messungen hinweist. Gut, es ist schon etwas direkter, als Atmosphärenwerte am Ozeanboden zu messen, aber es bleiben dennoch Proxy-Werte.

Ihre beispielhafte Erläuterung, was ein Proxy ist, und wie im Grunde jeder solche Proxies im Alltag verwendet, ist hingegen ganz hervorragend.

Eine weitere irritierende Aussage war, dass der Säuregrad des Wassers unabhängig von dem Basengrad des Wassers betrachtet werden müsse. Basisch sei nicht das Gegenteil von Sauer.

Nun, wenn man den pH-Wert von Wasser misst, dann ist es entweder basisch [Anmerkung: Der Begriff alkalisch ist ebenfalls im Gebrauch], mit einem Wert höher als 7, oder es ist neutral, mit einem Wert von genau 7, oder es ist sauer, mit einem Wert niedriger als 7 3 .

Wie kann es sein, dass eine Wissenschaftlerin nun behauptet, dass das basische Meerwasser gleichzeitig sauer sein könne?

Tatsächlich kann der Begriff Säuregrad verschiedene Bedeutungen haben. Die WikiPedia behauptet gar, die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit dem pH-Wert sei fachlich falsch 4 . Mit etwas innerem Widerstand habe ich diese Aussage der WikiPedia schließlich akzeptiert. Nicht, weil sie besonders einleuchtend ist, sondern weil der Begriff Säuregrad im Zusammenhang mit dem pH-Wert unnötig ist, da man diesen Wert eben schlicht als pH-Wert angeben kann.

Nun ist im Meerwasser, obwohl dieses insgesamt basisch ist, definitiv Kohlensäure, CO₂, gelöst, und ich kann akzeptieren, dass man diesen Gehalt von Kohlensäure als Säuregrad bezeichnet und misst. Ich akzeptiere sogar, dass die Zunahme eines solchen Säuregrades in einer basischen Lösung als Säuerung bezeichnet wird, auf Englisch "acidification", obwohl ich denke, dass eine solche Formulierung leicht irreführend ist.

Für inakzeptabel halte ich die Verwendung des Begriffs "Übersäuerung" in diesem Zusammenhang, da das Meerwasser weiterhin basisch bleibt, aber dies macht Bärbel Hönisch in dem Interview nicht.

Bei den Fragen bezüglich der Folgen höherer Wassertemperaturen und höheren CO₂-Anteils auf die Meeresfauna hätte ich gehofft, dass die Wissenschaftlerin darauf Aufmerksam macht, dass die von ihr Untersuchten Foraminifera den Kohlenstoff des CO₂ zusammen mit Kalzium für eben jene Kalziumkarbonatgehäuse verwenden, welche Sie untersucht.

Und die großen Foraminifera 5 bevorzugen warmes und seichtes Wasser mit einem hohen Kohlenstoffanteil. Und auch Korallen benötigen den Kohlenstoff für ihr Wachstum und besonders schöne Korallenriffe gibt es gerade in den besonders warmen Gewässern,

Statt dessen erhebt auch sie warnend die Stimme wegen des Great Barrier Reef, welches erheblich unter der Erwärmung zu leiden habe.

Die Studie Yang Wu et al. 2021, "Assessing multiproxy approaches (Sr-Ca, U-Ca, Li-Mg, and B-Mg) to reconstruct sea surface temperature from coral skeletons throughout the Great Barrier Reef" 6 , erwähnt bereits in ihrem Abstrakt, Zitat (Übersetzt):

Seeoberflächentemperaturen in diesem Gebiet sind steigend

Zitat Ende

Ein Blick in die Arbeit selbst zeigt, dass die Autoren bei der Untersuchung der Frage, welches in Korallen gemessene Atomverhältnis am Besten als Proxy für die Seeoberflächentemperaturen dienen kann, auf das Verhältnis von Uran zu Kalzium zeigen. Für die verschiedenen untersuchten Gebiete des Great Barrier Reef zeigt dieses Verhältnis ein gemischtes Bild zur Entwicklung der Temperatur. Drei Gebiete zeigen eine Erwärmung, ein Gebiet zeigt eine nicht signifikante Erwärmung und zwei Gebiete zeigen eine nicht signifikante Abkühlung. Die Betrachtungszeiträume sind jeweils unterschiedlich, vermutlich in Abhängigkeit davon, wie weit die Proben in die Vergangenheit reichten.

Der Zeitraum von 1990 bis 2016 diente zur Kalibrierung der gemessenen Atom-Verhältnisse an die Meeresoberflächentemperatur. Temperaturmessungen aus verschiedenen Quellen wurden hierfür miteinander abgeglichen um die Temperaturdaten für die Kalibrierung zu erhalten.

Als Kennzahl für die Qualität der Kalibrierung findet sich auch jeweils die Angabe der mittleren quadratischen Abweichung von den Temperaturmessdaten. Diese, dass sollten wir nicht vergessen, sind aber im Grunde nicht wirklich Messdaten vor Ort gewesen, sondern sind bereits aus mehreren Quellen prozessierte und extrapolierte Daten. Eine Fehlerabschätzung zu diesen Temperaturdaten findet sich nicht, tatsächlich werden sie im Kontext der Fehlerrechnung trotz ihrer indirekten Natur als instrumentelle Meeresoberflächentemperaturen bezeichnet.

Die von den Autoren für Temperaturrekonstruktionen als am besten geeignet bezeichnete Elemente-Kombination Uran-Kalzium gibt also ein durchaus gemischtes Bild zur Frage der Erwärmung über verschieden Lange Zeiträume.

Im Grunde zeigen die Daten, welche tabellarisch aufgelistet sind, dass die Antwort auf die Frage, ob eindeutig von einer Erwärmung die Rede sein kann, sehr stark von dem Jahr abhängt, an dem der jeweilige Datensatz startet. Und das ist nicht wirklich eine Überraschung, gibt es doch immer kältere und wärmere Jahre.

Dass die Autoren dennoch die kategorische Aussage treffen, die Seeoberflächentemperaturen in diesem Gebiet seien steigend, ohne einen Zeitraum dazu anzugeben, ist natürlich deren Entscheidung. Die ermittelten Daten, und die Ungewissheiten in den extrapolierten Meeresoberflächentemperaturen bei der Kalibrierung, hätten mich auf diese Aussage verzichten lassen, zumal die Studie gar nicht mit dem Ziel antrat, hierzu eine Aussage zu treffen.

Es ging ja schließlich darum, welche Element-Kombination sich am besten als Proxy für Temperaturrekonstruktionen eignet.

Die Studie Leonard et al. 2020, "Re-evaluating mid-Holocene reef “turn-off” on the inshore Southern Great Barrier Reef" 7 , zeichnet eine bewegte Geschichte des Great Barrier Reef nach.

Entstanden ist das Reef demnach im Holozän vor etwa 8.000 Jahren, was nahe liegt, da die Flächen vorher nicht unter Wasser lagen. Die Entwicklung während des Holozän lässt sich aus Bohrkernen ablesen, welche wechselnde Phasen schnellen und langsamen Wachstums in Abhängigkeit von den Seeoberflächentemperaturen und der davon nicht ganz unabhängigen relativen Meeresspiegelhöhe zeigt. Diese dokumentieren Phasen mit höheren Temperaturen und Meeresspiegel als Heute, aber zu anderen Zeiten auch niedrigere Temperaturen und Meeresspiegel. Speziell bei niedrigerem Meeresspiegel kann es auch Phasen horizontalen Wachstums geben, oder das Wachstum legt eine vollständige Pause ein.

So dokumentiert das Great Barrier Reef Zeiten, in denen die Temperaturen während der letzten 8.000 Jahre höher als Heute waren und in denen das Reef dank eines höheren Meeresspiegels große Wachstumsraten aufweisen kann, während bei niedrigeren Temperaturen und niedrigerem Meeresspiegel ein geringeres Wachstum erreicht wird, oder gar eine Migration in tiefere Regionen erforderlich wird. Ob eine Migration möglich ist, hängt von dem Vorhandensein eines geeigneten Untergrundes ab.

Nach der Lektüre dieser Studie muss man sich Fragen, wie gleichzeitig Panik vor steigendem Meeresspiegel verbreitet und auf schreckliche Folgen der Erwärmung im Great Barrier Reef hingewiesen werden kann, wenn Reefs weltweit davon profitieren, wenn der Meeresspiegel steigt, und durch sinkende Meeresspiegel in ihrer Existenz gefährdet werden.

Während der kleinen Eiszeit, in welche die Klimapanikverbreiter offenbar zurück kehren möchten, ging es dem Great Barrier Reef jedenfalls nicht so gut wie heute, wie sich der Studie ebenfalls entnehmen lässt.

Dieser Blick in die Vergangenheit bestätigt jene Berichte nicht , welche Korallen bei wärmeren Temperaturen den Tod vorhersagen. Die Studie gibt aber auch Einblick darin, dass jedes Korallenriff in seiner Lebensdauer eingeschränkt sein muss. Irgendwann erreicht das Riff die Meeresoberfläche und kann nicht weiter nach oben wachsen. Ob es zur Seite ausweichen kann, ist dann entscheidend.

Sinkt der Meeresspiegel, zum Beispiel weil die Gletscher einmal wieder wachsen, können Korallenriffe vollständig trocken fallen und Ableger der Korallen müssen neue, jetzt geeignet gewordene Standorte besiedeln.

Die Fähigkeit zur Migration hat Korallen als Spezies das Überleben gesichert und wird dies weiter tun, egal ob der Wandel durch den Menschen ausgelöst wird oder, wie in dieser Studie dokumentiert, durch natürliche Vorgänge, wie es z.B. die kleine Eiszeit gewesen ist.

Die zweite Studie erschien auch bereits vor dem Interview, und ist von ihrem Thema her doch recht nahe mit dem Arbeitsgebiet von Bärbel Hönisch verwandt, auch wenn Korallen und nicht Benthic Foraminifera untersucht wurden. Sie hätte diese Studie also durchaus kennen können, aber nicht unbedingt kennen müssen. Jedenfalls unterstützt diese Studie nicht die Aussagen von Bärbel Hönisch zum Great Barrier Reef, und die umfangreichen Referenzen in der Studie zeigen auch, dass vorherige Studien schon in die gleiche Richtung wiesen.

Warum hat sich Bärbel Hönisch dazu verleiten lassen, Aussagen zum Great Barrier Reef zu treffen? Hat sie in eigenen Studien zu diesem Thema gearbeitet?

Die Studie Hönisch et al. 2012, "The Geological Record of Ocean Acidification" 8 , beschäftigt sich intensiv mit früherem marinen Artensterben im Kontext der chemischen Zusammensetzung des Meerwassers, speziell dem Anteil gelösten Kohlendioxid, sowie im Kontext der Wassertemperaturen.

In dieser Arbeit tauchen naturgemäß auch Korallen auf, deren Artensterben mit Gegenstand der Untersuchungen sind. Vielleicht gibt diese Arbeit Aufschluss darüber, warum Bärbel Hönisch in ihrem Interview die Aussagen zum Great Barrier Reef machte.

Zu den Begleitmaterialien der Studie gehört ein Tutorial von Bärbel Hönisch zur Chemie des Kohlenstoffs 9 . Es erläutert die verschiedenen Formen, in denen sich CO₂ im Meerwasser löst und erläutert, dass die Menge des lösbaren CO₂ und des pH-Wertes von Druck, Temperatur und Salzgehalt abhängen.

Es wird erläutert, wie dies ab einer bestimmten Tiefe dazu führt, dass das Meerwasser dort nicht mehr mit CaCO₃ gesättigt ist, und von oben herabrieselnde Kalzium-Karbonate sich daher im Wasser auflösen. In noch größeren Tiefen kommt es irgendwann dazu, dass am Meeresgrund liegende Kalzium-Karbonate zusätzlich gelöst werden, um den pH-Wert anzuheben.

Das finde ich durchaus aufschlussreich. In diesen Tiefen könnten dann nur noch Benthic Foraminifera leben, welche gelernt haben, ihr Kalzit-Gehäuse trotzdem aufrecht zu erhalten, oder sie müssen in Regionen mit anderen Druck-, Temperatur, und Salzgehalten ausweichen.

Für Riffe, die in warmen und seichten Gewässern gedeihen, sehe ich das Problem demnach nicht, aber in der Tiefsee durchaus. Wirklich neu kann dieses Problem allerdings kaum sein, da es in der Vergangenheit bereits lange Zeiten mit hohem CO₂ Anteil in der Atmosphäre gegeben hatte. Aber eine ganze Reihe von Arten könnten natürlich inzwischen verlernt haben, sich an solche Verhältnisse wieder anzupassen. Die Geschwindigkeit von Änderungen spielt hierfür natürlich auch eine Rolle.

In dem anderen PDF 10 des Zusatzmaterials findet sich auf Seite 6 eine Aufschlussreiche Grafik zu dem Übergang vom Paläozän zum Eozän. In der Spalte F ist zu sehen, wie vor dem Übergang die Temperatur zu steigen begann. In der Folge verbreitete sich Weltweit die Familie der Apectodinium (Spalte I), welche warmes Wasser bevorzugt, und neue Nanoplanktonarten entstehen (Spalte H). Etwa 5.000 Jahre später fällt plötzlich der Anteil an Kohlenstoff 13 drastisch ab (Spalten C und F), während viele Nanoplanktonarten (Spalte H) ausstarben und die Verbreitung der Apectodinium stark zurück geht, und der CaCO₃ Anteil im Wasser des Südatlantik auf beinahe Null fällt (Spalte B), während im Pazifik davon nichts zu bemerken ist. Die Temperatur steigt in der Folge noch etliche tausend Jahre weiter an, bevor sie etwa 150.000 Jahre nach dem Ereignis auf ungefähr die Werte wie vor dem Ereignis zurück fallen.

Das sind die Daten zu dem Event, natürlich nur eine Auswahl der verfügbaren Daten, denn man kann in vielen anderen Studien weitere Daten dazu finden. Diese Studie zeigt in ihren Daten, dass zuerst ein Temperaturanstieg stattfand, und mit einer Verzögerung von etwa 5.000 Jahren der CaCO₃-Anteil im Atlantik und der C13-Anteil am Kohlenstoff stark abfällt Letzteres lässt auf einen großen Eintrag von organischem CO₂ schließen, das einen geringen C13-Anteil besitzt. Organisches CO₂ kann auch aus Vulkanen am Rand von Subduktionszonen stammen, denn dieses speist sich vorwiegend aus organischem Kohlenstoff, der sich auf dem absinkenden Meeresboden angesammelt hatte. Als mögliche Quelle ist aber auch Methan aus Methanhydraten am Meeresboden im Gespräch.

Wichtig und zu betonen ist, dass es in den Daten keinen Hinweis darauf gibt, dass CO₂ die Erwärmung verursachte, sondern eher das Gegenteil aus den Daten heraus zu lesen ist, nämlich dass auf die Erwärmung ein großer Eintrag von organischem Kohlenstoff, vielleicht durch CO₂, folgte. Die Erwärmung geht danach weiter, allerdings ohne sich Aufgrund dieses Ereignisses zu beschleunigen. Zumindest ist eine Beschleunigung nicht erkennbar.

Es handelte sich bei dem Übergang vom Paläozän ins Eozän um einen der ganz großen Aussterbe-Ereignisse der Erdgeschichte. Erwärmung spielte eine Rolle, und Kohlenstoff offensichtlich auch, und die Geschwindigkeit der Veränderung, aber die Daten zeigen auch deutlich, dass CO₂, sollte dieses hinter dem Kohlenstoffeintrag stehen, kein Mittel darstellt, über welche sich die Temperatur regeln lässt. Sollte es sich um eine massive Methanfreisetzung gehandelt haben, gilt gleiches auch für dieses Gas.

In diesem Anhang wird die Reihenfolge der Events schlicht dargelegt und auch auf die Hypothese verwiesen, dass der Temperaturanstieg Kohlenstoff aus Methanhydraten oder Permafrostböden freigesetzt haben könnte. Einen Versuch, CO₂ oder Methan als Ursache der Erwärmung darzustellen, unterbleibt.

Andere Seiten, welche zunächst einen guten Eindruck machen 11 , drehen aber auch schon einmal die Reihenfolge der Ereignisse um, weil dies besser zu dem allgemein verbreiteten Bild passt, dass sich mit CO₂ die Temperatur der Erde regeln lässt.

Teile ihrer Darstellungen im Interview sind bereits für mich verständlicher geworden, außer jene, welche sich auf das Great Barrier Reef bezogen.

In der eigentlichen Arbeit geht es dann auch sehr schnell um die Geschwindigkeit des CO₂-Anstieges. Ein langsamer Anstieg habe weniger Wirkung, Zitat (Übersetzt):

Die derzeitige anthropogene CO₂-Freisetzung führt zu einer Meeresoberfläche, die nicht nur durch erhöhtes gelöstes CO₂ und einen niedrigeren pH-Wert (7) gekennzeichnet ist, sondern vor allem durch eine geringere Sättigung mit Kalziumkarbonat (CaCO₃), einer Verbindung, die von Meeresorganismen für den Aufbau ihrer Schalen und Skelette verwendet wird (8).

Im Gegensatz dazu führen langsamere CO₂-Freisetzungsraten zu einem anderen Gleichgewicht der Karbonat-Chemie-Änderungen und einer geringeren CaCO₃-Sättigungsreaktion des Meerwassers, was eine differentielle biotische Reaktion oder sogar überhaupt keine Reaktion hervorrufen kann, wodurch eine direkte Analogie hinfällig wird.

Der Grund für eine geringere Sättigungsreaktion auf eine langsame CO₂-Freisetzung liegt darin, dass die durch die Gesteinsverwitterung an Land freigesetzte Alkalinität letztlich durch die Einlagerung und das Vergraben von CaCO₃ in Meeressedimenten ausgeglichen werden muss (Abb. 2), was wiederum durch den Kalziumkarbonat-Sättigungszustand des Ozeans gesteuert wird (9).

Daher wird die CaCO₃-Sättigung letztlich in erster Linie durch die Verwitterung auf langen Zeitskalen reguliert, nicht durch den atmosphärischen CO₂-Partialdruck (PCO₂). Die Verwitterung selbst hängt zwar mit dem atmosphärischen PCO₂ zusammen (10), aber viel schwächer als der pH-Wert des Ozeans, so dass pH-Wert und CaCO₃-Sättigung bei langsam steigendem atmosphärischem PCO₂ fast vollständig entkoppelt werden können.

Zitat Ende

Haben Sie das verstanden? Sehr schön. Ich arbeite noch daran. Im folgenden Teil wird von einer Modellierung geschrieben, und dass in Kombination der Messungen in den Bohrkernen und dieser Modellierung, Säuerungs-Ereignisse der beschriebenen Art in den Ozeanen der früheren Erdgeschichte identifiziert werden sollen.

Was auch immer Sie von dem Text verstanden haben, es war eine Arbeitshypothese. Mit Sicherheit eine gut begründete Arbeitshypothese, aber dennoch eine Hypothese, welche durch Daten und ein Computermodell erhärtet oder widerlegt werden soll. Das ist das Ziel der Studie.

Ich habe eine Weile gebraucht, um das zu Verstehen. Für die Vorgänge, die wir vorhin beim Übergang vom Paläozän zum Eozän betrachtet haben, wird ein Erklärungsversuch angeboten. Im Folgenden werden daher verschiedenste Aussterbe-Ereignisse betrachtet, ob die Vorgänge während dieser die Erklärung stützen.

Nach dieser Betrachtung folgt eine halbe Seite mit Einschränkungen, denen die Betrachtungen der Studie unterliegen. Die Meereschemie der Vergangenheit ist nicht vollständig bekannt, was die Ergebnisse verfälschen kann. Woher stammte der zusätzlich eingebrachte Kohlenstoff? Wie schnell wurde dieser Kohlenstoff jeweils freigesetzt? Die Datierungsmöglichkeiten verlieren in der Vergangenheit an Auflösung, so dass nicht geklärt werden kann, ob es eine Reihe kurzer massiver Kohlenstoff-Einträge gab, oder ob ein eher konstanter Anstieg stattfand. Und so geht es über eine halbe Seite weiter mit den Einschränkungen, welche weitere Forschung zur Klärung der Fragen erfordern.

Die Schwierigkeiten des Nachweises einer eindeutigen Kausalkette und des Isolierens einzelner Einflussfaktoren sind groß.

Die Autoren befinden, Zitat (Übersetzt):

Obwohl wir uns auf die Möglichkeiten konzentriert haben, aus den geologischen Aufzeichnungen Informationen über die Auswirkungen der Ozeanversauerung zu gewinnen, müssen wir uns fragen, ob es wirklich notwendig ist, die Auswirkungen auf die Meeresorganismen von anderen kovariierenden Faktoren zu isolieren (68). Insbesondere werden die Folgen des zunehmenden atmosphärischen CO₂ auch mit einer Erwärmung der Ozeanoberfläche und einem Rückgang der Konzentration an gelöstem Sauerstoff einhergehen (69). Massive Kohlenstofffreisetzungen, ob in der Zukunft oder in der Vergangenheit, werden daher die gleiche Kombination und das gleiche Vorzeichen von Umweltveränderungen aufweisen. Die Stärke der geologischen Aufzeichnungen liegt daher darin, dass sie vergangene, gekoppelte Ereignisse von Erwärmung und Ozeanversauerung (und Sauerstoffentzug) als ein "integriertes" Analogon zeigen, wobei zukünftige und vergangene Ereignisse die gleiche Kombination und das gleiche Vorzeichen von Umweltveränderungen aufweisen.

Zitat Ende

Angesichts der Grafik zum Übergang vom Paläozän zum Eozän macht mich der zweite Satz, "Insbesondere werden die Folgen des zunehmenden atmosphärischen CO₂ auch mit einer Erwärmung der Ozeanoberfläche und einem Rückgang der Konzentration an gelöstem Sauerstoff einhergehen.", doch etwas sprachlos.

Die Grafik dort zeigt doch, dass der Kohlenstoff-Eintrag nicht zur Erwärmung der Ozeanoberfläche führte, sondern dass die Temperatur mehr als 5.000 Jahre vorher zu steigen begann und danach unbeirrt ihren Weg fortsetzte. Auch die wärmeliebenden Apectodinium vermehrten sich bereits 5.000 Jahre vorher ganz prächtig und verbreiteten sich über die Welt.

Ich meine, bei allen Einschränkungen, welchen solche Daten unterliegen: Diese Daten legen nicht nahe, dass die Erwärmung durch erhöhtes CO₂ verursacht wurde.

In diesem Satz und seinem Kontrast zu den eigenen vorgelegten Daten kristallisiert sich der verheerende Einfluss der Politik auf die Forschung in unserer heutigen Zeit.

Glauben die Autoren der politischen CO₂-Erwärmungsgeschichte mehr als ihren eigenen Daten? Oder war es opportun sich mit diesem Satz für die nächste Finanzierung zu qualifizieren? Bestanden die Editoren des Journals darauf, dass irgendwo in einem Satz CO₂ als Ursache von Erwärmung auftaucht?

Es ist völlig egal, wie diese Aussage an diese Stelle gelangte. Das eigene Zusatzmaterial zur Studie widerspricht diesem Teil des Satzes. Dass ein Rückgang des gelösten Sauerstoffes eine Folge von zusätzlichem CO₂ ist, halte ich ebenfalls für wenig zwingend, solange nicht gerade verschiedenste Arten von Phytoplankton aussterben, welche ansonsten den Sauerstoff des CO₂ freisetzen. Die Temperatur des Wassers, ja, die spielt eine Rolle für den Sauerstoffgehalt. Aber CO₂ im Wasser ist in Verbindung mit der Photosynthese eine Sauerstoffquelle,

Natürlich kann ich da falsch liegen, ich bin ja nur ein Laie. Schauen Sie sich die Sache selbst an. Vielleicht sehen Sie ja etwas, was ich übersehen habe.

Die Frage mit dem Great Barrier Reef bleibt unbeantwortet. Ein Artikel von Peter Ridd 12 vom 23. Juli 2021 berichtet jedenfalls, Zitat (Übersetzt):

Die vom australischen Institut für Meereswissenschaften erstellten jährlichen Daten über den Korallenbestand des Great Barrier Reef wurden am Montag veröffentlicht und zeigen, dass die Anzahl der Korallen am Riff ein Rekordniveau erreicht hat. Rekordhoch, trotz aller Unkenrufe unserer Riff-Wissenschafts- und Management-Institutionen.

Zitat Ende

Er geht danach auf die 50jährige Untergangsgeschichte des Riffs ein, und wir erfahren, dass er selbst für das australischen Institut für Meereswissenschaften arbeitete, als das beständige Monitoring des schon so lange bedrohten Riffs begann.

Natürlich gilt auch bei guten Nachrichten, dass man sie prüfen sollte. An der Stelle irritiert es mich etwas, dass die guten Nachrichten über das Riff zwar im Bericht 2020/2021 13 bereits beginnen, dass das im Artikel aus dem Juli 2021 berichtete Allzeit-Hoch aber erst im Report 2021/2022 14 mitgeteilt wird, mehr als ein Jahr nach dem Datum des Artikels. Auch die Grafik im Artikel stammt aus dem späteren Report.

Vermutlich wurde der Artikel also im Jahr 2021 geschrieben und im Jahr 2022 überarbeitet, ohne dass das Veröffentlichungsdatum geändert oder ein Änderungshinweis hinterlassen wurde. Wie auch immer, der Report des Jahres 2022 bestätigt die gute Nachricht des Artikels.

Aus dem Report geht durchaus auch hervor, dass die Riffe des Great Barrier Reef Zeiten erheblichen Stresses erlebt haben, der unter anderem auf Wassererwärmung zurück geführt wird. Auch Korallen sind unterschiedlich und bevorzugen jeweils unterschiedliche Temperaturen, und die oben erwähnte Studie zeigte reges Wachstum zu warmen Zeiten. Vielleicht sind die heutigen Korallen des Great Barrier Reef darauf noch nicht wieder eingestellt. Die historischen Daten legen nahe, dass sie sich darauf einstellen können.

Jedenfalls war das Interview mit Bärbel Hönisch bevor sich das Great Barrier Reef so schnell und auch gründlich auf historische Bestwerte erholte. So wurden die diesbezüglichen intensiven Warnungen zwar durch die Entwicklung widerlegt, sind aber im zeitlichen Kontext verständlich.

Möglich, dass es dem Riff heute schon wieder etwas schlechter geht, als im Juli 2022. Immerhin hatte es da gerade ein Allzeit-Hoch, und das lässt sich ja nicht jedes Jahr wiederholen. Aber ein Allzeit-Hoch nach 50 Jahren der Warnung, dass Riff sei akut bedroht und in x-Jahren verschwunden, ist doch ein recht klares Zeichen dafür, dass es wohl weniger dieser Warnungen gäbe, wenn nicht so viele Arbeitsplätze von diesen Warnungen abhängen würden.

Dabei wäre meiner Meinung nach die Forschung am Great Barrier Reef auch ohne Untergangsstory völlig gerechtfertigt. Aber meine Meinung sichert keine Forschungsgelder. Genauso sinnvoll halte ich es, weiter daran zu Forschen, welche Ursachen verschiedene Aussterbe-Ereignisse der Vergangenheit gehabt haben könnten. Wir müssen aber auch damit Leben, dass wir die Gründe nie sicher erfahren werden, denn wir können Theorien hierzu durch Daten nur widerlegen, ohne jemals wissen zu können, ob von den übrig gebliebenen Theorien irgend eine richtig ist. Dennoch hat auch der Ausschluss von Theorien natürlich einen hohen Wert, denn auch dadurch wissen wir mehr über diese Ereignisse.

Den Podcast "Geology Bites" 15 mit Gesprächen mit Fachleuten rund um Themen aus der Geologie möchte ich auf jeden Fall empfehlen. Es ist ein hervorragender Podcast mit äußerst interessanten und auch erhellenden Beiträgen.

Als Hörer muss man sich eben, wie Immer, bewusst sein, dass es sich nicht um Wahrheiten handelt, sondern um Forschung, die Forscher und ihre Theorien, und manchmal auch ihre Vorurteile zu bestimmten Themen. Das ist menschlich, wir alle sind Menschen und wir alle kennen das.

Die Forscher, ihre Theorien und die Evidenz für diese Theorien werden vorgestellt, und oft auch werden die offenen Fragen und alternative Erklärungen thematisiert. Es ist super interessant, und der eine oder andere Beitrag birgt die Gefahr, dass man sich ein Thema näher anschaut, aber das ist ja nicht weiter schlimm.


Erkenntnisse haben meistens vorläufigen Charakter und sind immer individueller Natur . Sie selbst entscheiden, ob Sie Erkenntnisse anderer als Meinung übernehmen oder ob Sie sich Erkenntnisse selbst erarbeiten. Meine Quellenangaben sollen Ihnen bei letzterem eine Hilfestellung geben, Sie sollten aber immer auch weitere Quellen verwenden.

Glauben Sie nicht, auch nicht mir, sondern prüfen Sie und schlussfolgern Sie selbst.

Fußnoten


  1. Bärbel Hönisch on Reconstructing Climate in the Distant Past ; Geology Bites; 2020-12-18
  2. Benthic Foraminifera ; www.sepmstrata.org
  3. pH-Wert – Wikipedia ; de.wikipedia.org
  4. Säuregrad ; de.wikipedia.org
  5. Benthic Foraminifera ; www.sepmstrata.org
  6. Assessing multiproxy approaches (Sr-Ca, U-Ca, Li-Mg, and B-Mg) to reconstruct sea surface temperature from coral skeletons throughout the Great Barrier Reef ; Yang Wu, Stewart J. Fallon, Neal E. Cantin, Janice M. Lough; Science of The Total Environment, volume 786; Elsevier; DOI: https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2021.147393 ; PDF via Sci-Hub ; 2021-09-10
  7. Re-evaluating mid-Holocene reef “turn-off” on the inshore Southern Great Barrier Reef ; Nicole D. Leonard, Mauro L. Lepore, Jian-xin Zhao, Alberto Rodriguez-Ramirez, Ian R. Butler, Tara R. Clark, George Roff, Laurence McCook, Ai D. Nguyen, Yuexing Feng, John M. Pandolfi; Quaternary Science Reviews, volume 244; Pergamon; DOI: https://doi.org/10.1016/j.quascirev.2020.106518 ; 2020-09-15
  8. The Geological Record of Ocean Acidification ; Bärbel Hönisch, Andy Ridgwell, Daniela N. Schmidt, Ellen Thomas, Samantha J. Gibbs, Appy Sluijs, Richard Zeebe, Lee Kump, Rowan C. Martindale, Sarah E. Greene, Wolfgang Kiessling, Justin Ries, James C. Zachos, Dana L. Royer, Stephen Barker, Jr. Thomas M. Marchitto, Ryan Moyer, Carles Pelejero, Patrizia Ziveri, Gavin L. Foster, Branwen Williams; Science; Science; PDF via Sci-Hub ; 2012-03-02
  9. Tutorial Carbonate chemistry ; Bärbel Hönisch; www.science.org; 2012-02-29
  10. Supporting Online Material for The Geological Record of Ocean Acidification ;Bärbel Hönisch, Andy Ridgwell, Daniela N. Schmidt, Ellen Thomas, Samantha J. Gibbs, Appy Sluijs, Richard Zeebe, Lee Kump, Rowan C. Martindale, Sarah E. Greene, Wolfgang Kiessling, Justin Ries, James C. Zachos, Dana L. Royer, Stephen Barker, Jr. Thomas M. Marchitto, Ryan Moyer, Carles Pelejero, Patrizia Ziveri, Gavin L. Foster, Branwen Williams; Science; Science; 2012-03-02
  11. Paläozän ; www.biologie-seite.de
  12. Peter Ridd: Record coral cover of Great Barrier Reef refutes climate alarmists ; Net Zero Watch; 2021-07-23
  13. Long-Term Monitoring Program - Annual Summary Report of Coral Reef Condition 2020-21 - AIMS ; www.aims.gov.au, via Internet Archive; PDF via Internet Archive ; 2021-07-16
  14. Annual Summary Report of Coral Reef Condition 2021-22 ; AIMS; PDF ; 2022-08-03
  15. Geology Bites ; Geology Bites